Selbst das beste Essen muss früher oder später wieder den Körper verlassen. Eine zentrale Rolle bei diesem Prozess spielt ein Organ, das erst seit zwei Jahrzehnten von der Wissenschaft richtig erforscht wird: der Darm. Was uns heute an neuem Wissen über unsere Darmflora zur Verfügung steht, hilft auch bei der Suche nach einer gesunden Ernährungsweise. Mit den richtigen Lebensmitteln lässt sich die Darmflora aufbauen.
Was ist die Darmflora? Warum unser Mikrobiom wichtig für unsere Gesundheit ist
Die Darmflora↗ – oder auch das Darmmikrobiom – bezeichnet die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die es sich im Dickdarm heimisch gemacht haben. Wirklich erforscht werden kann diese eigene Lebenswelt erst seit dem Jahre 2001. Im Zuge des wissenschaftlichen Durchbruchs, der fortan die DNA-Sequenzierung↗ – auch von Mikroorganismen – ermöglichte, offenbaren sich neue Erkenntnisse.
Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei die Bakterien ein. Doch anders, als viele womöglich zunächst vermuten: Diese Bakterien sind meist gutartig. Ohne sie könnten wir gar nicht überleben.
Sie helfen uns dabei, Nahrung zu verdauen, produzieren Vitamine für uns und halten unser Immunsystem fit. Damit ist naheliegend: Ist das Darmmikrobiom gestört, können Übergewicht und auch schwere Krankheiten die Folge sein.
Fragt man sich jedoch zunächst, wie viele Bakterien im menschlichen Darm denn nun überhaupt leben, kommt man unmittelbar ins Staunen: Obwohl jeder einzelne Mikroorganismus winzig klein ist, ergibt die schiere Masse von rund 100 Billionen Bakterien in unserem Verdauungstrakt ein Gesamtgewicht von rund 2 Kilogramm. Die Zahl der Bakterien in unserem Darm übersteigt damit sogar jene unserer eigenen Körperzellen!
Damit diese Masse an Mikroorganismen, die unser Mikrobiom bildet, überhaupt leben kann, benötigt sie natürlich die richtigen Lebensbedingungen. Möglichst warm und feucht soll es sein. Ausreichend Ballaststoffe gilt es bereitzustellen und ausgewogen muss die Ernährung auch sein.
Eine zu einseitige, falsche Ernährungsweise oder auch die Notwendigkeit der Einnahme von Antibiotika sowie zu viel Stress setzen unseren kleinen Helfern hingegen zu. In einigen Fällen kann es dann nötig werden, die Darmflora zu sanieren.
Ein gesundes Darmmikrobiom schützt vor Übergewicht, Diabetes und Multipler Sklerose
Ist das Gleichgewicht der mindestens 500 verschiedenen Bakterienarten im Darm gestört, kann dies zunächst unangenehme Folgen beim Blick auf die Waage nach sich ziehen: Einige Kohlenhydratformen, die eigentlich unverdaut ausgeschieden werden, werden bei einem gestörten Darmmikrobiom ebenfalls aufgespalten und dem Energiekreislauf zugeführt. Wer nun nicht gerade für den nächsten Marathon trainiert, wird dadurch unweigerlich einige Polster mehr um die Hüften ansetzen. Doch das Problem ist nicht rein ästhetisch. Selbst Diabetes↗ kann in Folge eines veränderten Mikrobioms auftreten und wahrlich so manchen Genuss verunmöglichen.
Das sind längst nicht alle Auswirkungen einer gestörten Darmflora. Auch Multiple Sklerose↗ steht heute im Verdacht auch als Folge eines gestörten Darmmikrobioms aufzutreten. Nun sind Wissenschaftler zwar generell eher vorsichtig mit konkreten Aussagen, aber was ein deutsch-amerikanisches Forscherteam↗ schon vor zwei Jahren herausfand, liest sich dann doch recht eindeutig:
„So gibt es immer mehr Hinweise, dass das Mikrobiom des Darms, sprich die Gesamtheit der im Darm lebenden Mikroorganismen, eine Rolle bei vielen Autoimmunerkrankungen spielen und auch für MS [Anmerkung: Multiple Sklerose] ursächlich sein könnte.“
Eine entsprechende Studie↗, allerdings mit Mäusen, wurde ebenfalls durchgeführt.
Dies alles zeigt: Es ist zweifellos besser, die Darmgesundheit zu fördern und, wenn nötig, die Darmflora gezielt und möglichst natürlich wieder aufzubauen, statt unter den Folgen leiden zu müssen. Doch wie lässt sich das am besten regeln und wie kann unsere Ernährung dabei helfen?
Die Darmflora aufbauen: Den Bakterien etwas Gutes tun und die Darmgesundheit fördern
Eines vorweg: Die Erforschung des Darmmikrobioms steckt, wie beschrieben, immer noch in den Kinderschuhen. Für ein wissenschaftliches Forschungsfeld sind zwei Jahrzehnte eine eher kurze Zeitspanne.
Abschließende Antworten gibt es in diesem Punkt deshalb noch lange nicht, wohl aber Erfahrungswerte und traditionelle, natürliche Behandlungs- und Ernährungsmethoden. Klar sollte dabei allerdings stets sein: Immer, wenn es um ernsthafte gesundheitliche Anliegen geht, ist der Gang zum Arzt oder Heilpraktiker Pflicht!
Hinzu kommt: Jeder Mensch besitzt ein individuell einzigartiges Mikrobiom. Ebenso treten Nahrungsmittelunverträglichkeiten von Mensch zu Mensch unterschiedlich auf. Ein gestörtes Darmmikrobiom kann ebenso Folge von zu einseitiger Ernährung sein, wie auch im Zuge einer Lebensmittelunverträglichkeit – etwa gegen Fructose – auftreten. Entsprechende Tests können helfen, solche Intoleranzen ausfindig zu machen.
Dennoch: Dass gewisse, oft wenig beachtete, Lebensmittel generell die Darmgesundheit fördern oder verbessern und es deshalb sinnvoll ist, sich möglichst vielfältig zu ernähren, ist ebenfalls unumstritten.
Der Klassiker: Viele Ballaststoffe, Leinsamen und resistente Stärke für die Darmgesundheit
Ballaststoffe, im Grunde Nahrungsfasern, sind spezielle Kohlenhydrate und können von uns selbst nicht verdaut werden. Sie gelangen unverdaut vom Dünn- in den Dickdarm und bieten den dort lebenden nützlichen Bakterien die ideale Ernährungsgrundlage. Auch wenn wir also im ersten Schritt keine Nährstoffe aus den Ballaststoffen ziehen können, ist es sehr sinnvoll, sie in ausreichender Menge in den eigenen Ernährungsplan zu integrieren. Schließlich leben wir mit unseren nützlichen Bakterienmitbewohnern in Symbiose und ein Geben und Nehmen funktioniert immer nur, wenn beide Seiten zufrieden sind.
Doch wo finden sich diese Ballaststoffe überhaupt? Vornehmlich in Hülsenfrüchten wie Linsen, Erbsen und Bohnen, aber auch in Leinsamen, Chiasamen, Hafer und Gerste. Auch Gemüse enthält Ballaststoffe, allerdings in geringerer Menge. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt für die empfohlene tägliche Zufuhr von Ballaststoffen↗ einen Richtwert von 30 g aus.
Auch resistente Stärke, wie sie etwa in abgekühlten gekochten Kartoffeln vorkommt, tut dem Mikrobiom gut. All diese Lebensmittel fallen in die Kategorie der Präbiotika, da sie unserem Darmmikrobiom die gewünschte Nahrung liefern.
Voll im Trend: Mit fermentierten Lebensmitteln die Darmgesundheit natürlich stärken
Fermentation↗ feiert seit einigen Jahren als hipper Food-Trend ein erstaunliches Comeback, hat aber tatsächlich eine lange Tradition. Denn bei dem Verfahren geht es zunächst um die Haltbarmachung von Lebensmitteln mit Hilfe natürlicher Vergärungsprozesse. Dies war vor allem in Zeiten, in denen Kühlschränke und Gefriertruhen noch nicht erfunden waren, unerlässlich.
Seit rund 100 Jahren weiß die Wissenschaft, dass fermentierte Lebensmittel einen besonders positiven Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Denn auch die Haltbarmachung wird erst durch die fleißige Mithilfe zahlreicher Mikroorganismen, insbesondere Milchsäurebakterien, erreicht. Kaum überraschend, dass sich unser Darmmikrobiom da freut. Erst die hohe Diversität verschiedener Bakterienstämme sorgt für ein ausgeglichenes Milieu. Fermentierte Lebensmittel werden auch als Probiotika bezeichnet, weil sie selbst lebende Mikroorganismen beherbergen.
Im Idealfall gehört mindestens ein fermentiertes Lebensmittel zum täglichen Speiseplan. Zur Auswahl stehen etwa Sauerkraut und Sauerteigbrot, aber auch Joghurt, Kefir, eingelegte Oliven und Gurken sowie das hippe koreanische Kimchi.
Ohnehin ist Fermentation eine Kulturtechnik, die sich weltweit durchgesetzt hat und überall Anwendungsbeispiele kennt. Die Variationsmöglichkeiten sind grenzenlos. Fast so grenzenlos, wie die komplexe Welt unseres Mikrobioms.
Der besondere Schönkost-Tipp: Mehr Bewegung und weniger Stress sind auch gut für das Darmmikrobiom
Eine sinnvolle – und vor allem variationsreiche – Ernährung kann eine wahre Wohltat für die nützlichen Bakterien im Darmmikrobiom sein. Beachtet man diese Zusammenhänge, ist es für unsere kleinen Helfer auch kein Problem, die bösartigen Mikroorganismen, die sich dort ebenfalls breit machen wollen, in Schach zu halten.
Doch es gibt auch Möglichkeiten, die Darmflora aufzubauen, welche über die Ernährung hinaus gehen: Möglichst viel Bewegung und die Vermeidung von Stress stehen dabei ganz oben auf der Liste. Kein Wunder also, dass das Gegenteil davon uns oft im wahrsten Sinne des Wortes auf den Magen schlägt und auch zu Depressionen führen kann.